Bis zur Regierungsbildung in Italien war es ruhig um den Euro. Mit der Gemeinschaftswährung schien alles in Ordnung. Dazu läuft Europas Wirtschaft auf Hochtouren. Kein Grund zur Sorge also? Mitnichten. Schaut man sich das Konstrukt „Euro“ genauer an, werden deutliche Risse erkennbar. Wie geht es nun mit dem Euro weiter? In den letzten 12 Monaten konnte der Euro gegen fast alle anderen wichtige Währungen zulegen. So verteuerte sich der Euro im Vergleich zum US-Dollar von 1,10 im Mai letzten Jahres auf 1,20 Anfang Mai 2018. Alles schien in bester Ordnung.


Der „Ottonormal-Bürger“ macht sich um den Euro wenig Sorgen, frei nach dem Motto „wird schon alles gut gehen“. Bei den professionellen Investoren machen sich derzeit die ersten Denkfalten breit.

Das Ungleichgewicht in der Eurozone ist hoch. Neben den wirtschaftlich starken Ländern wie Deutschland, Luxemburg oder Holland gesellen sich die Südländer Italien, Portugal, Spanien und Griechenland, welche noch immer in Sachen Produktivität, Wettbewerbsfähig und Reformen hinterherhinken. Dies hat dazu geführt, dass sich die Olivenstaaten weiter verschulden mussten. Die Target-2-Salden sind als logische Konsequenz mächtig aufgebläht worden. Deutschland hat fast eine Billion Euro „Guthaben angespart“. Ob diese je wirklich zurückbezahlt werden, ist mehr als fraglich. Diese Problematik wurde zwar immer öfter angesprochen bzw. war in den Medien zu lesen, doch insgesamt war die Stimmung diesbezüglich – bis jetzt – sehr entspannt.

Doch seit Ende April ist es vorbei mit dem „Euro-Dornröschenschlaf“. Die neue italienische Regierung forderte von der Europäischen Zentralbank einen Schuldenerlass in Höhe von 250 Milliarden Euro. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, haben die Italiener zwei Asse im Ärmel. Zum einem drohen sie mit einem Euroaustritt und zum anderen spielen sie „die Flüchtlingskarte“. In Italien betreten nämlich zahlreiche Flüchtlinge europäischen Boden. Viele von ihnen wollen nach Deutschland. In den letzten Tagen sorgte das mit Flüchtlingen besetzte Rettungsschiff „Aquarius“ für Schlagzeilen. Italien verweigerte dem Schiff die Einreise, die italienischen Häfen wurden kurzerhand geschlossen. Hier wird die weitere Entwicklung zu beobachten sein. Die aktuelle Situation in Italien sorgt bei Europas Politikelite und bei den Führungspersonen der EZB für Sorgenfalten. Die italienische Wirtschaftsleistung ist etwa zehnmal so groß wie die griechische und die Staatsverschuldung des Landes beläuft sich auf mehr als 2.000 Milliarden Euro, eine Menge Sprengstoff für den Euroraum.

Die Italiener haben wohl am Beispiel Griechenland gesehen, dass die Eurokraten wohl jeder Forderung nachgeben, um den Euro nicht substanziell reformieren zu müssen. Und mit Draghi sitzt bekanntlich ein Italiener am Ruder der „unabhängigen EZB“. Ob dieser ohne Interessenkonflikte entscheiden kann/wird, bleibt fragwürdig. Sollte die Forderung der Italiener Erfolg haben, werden wohl andere Länder wie Spanien und Portugal nachziehen. Dann wäre die Zündschnur entfacht und die Implosion der Eurozone nur eine Frage der Zeit. Dazu wackelt der europäische Bankensektor immer noch. In den letzten Wochen tauchten vermehrt negative Meldungen auf. Der Aktienkurs von Deutsche Bank und Commerzbank rutschten symptomatisch deutlich unter die 10-Euro-Marke und dürfte als Vorreiter der möglichen Euroentwicklung gesehen werden.

Euro bleibt mittelfristig angeschlagen

Der Euro könnte somit mittelfristig aufgrund der fehlerhaften Konstruktion zerbrechen. Spätestens wenn Deutschland nicht mehr als Zahlmeister Europas dienen „möchte“, heißt es wohl „kaboom“. Derzeit ist also das Motto „wer streut, rutscht nicht“ bei Währungen aktueller denn je. Versierte Anleger nutzen die Zeit, die einem die Zündschnur noch gibt und positionieren sich vorausschauend.