Aufgrund geopolitischer Spannungen steht Russland seit einigen Wochen im Fokus der medialen Berichterstattung. Nachdem Russland seine Soldaten an der Grenze zur Ukraine stationiert hat,  machen sich in der Ukraine, bei der Nato und insbesondere bei der USA Angst breit, dass Russland in die Ukraine einmarschieren könnte. Kreml-Chef Putin weist diese Vorwürfe vehement zurück, dennoch droht der Westen mit harten wirtschaftlichen Sanktionen und einem militärischen Eingriff für den Fall, dass russische Truppen in die Ukraine einfallen. Die russische Börse korrigierte in den letzten Monaten deutlich. Von den Höchstständen im Oktober gaben die Kurse des russischen Leitindex RTS bereits 20 Prozent nach. Sollen mutige Anleger,  getreu dem Börsenmotto „politische Börsen haben kurze Beine“, schon wieder Aktien kaufen?

Russland – Nicht nur Aktien mit starken Fundamentaldaten

Die russischen Daten sind fast zu schön, um wahr sein. Die Staatsverschuldung liegt bei nur 20 Prozent im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt, davon können andere Länder nur träumen. Zum Vergleich: in Deutschland liegt diese bei 72, in den USA bei 134 und in Japan bei 264 Prozent. Die steigenden Rohstoffpreise lassen die russischen Einnahmen nur so sprudeln. Neben Erdöl, Gas und Weizen verfügt das riesige Land über enorme Kupfer-, Nickel- und Kohlevorkommen. Der russische Leitindex RTX kam gut aus der Corona-Krise und zählte in Sachen Performance im Jahr 2021 lange Zeit zu den Top-Börsen weltweit. Seit Oktober begann dann die deutliche Korrektur, wie folgender Chart eindrucksvoll zeigt.

 

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Quelle: WVD

Putin verringerte  geschickt die Abhängigkeit von Amerika und Europa

Russlands Zentralbank hat in den vergangenen Jahren massiv physisches Gold gekauft. Somit verfügt Russlands Zentralbank derzeit (offiziell) über 2.300 Tonnen Gold. Mit dem massiven Ausbau der Bestände schützt Russland sich vor Währungsrisiken. Das Weltfinanzsystem ist so aufgebaut, dass 70 Prozent des gesamten Zahlungsverkehrs auf den US-Dollar entfallen. Doch jede Leitwährung, ob Dollar oder Euro, ist stark von Schulden belastet, sodass ihr Wert langfristig sinken muss. Der Ausbau der Goldreserven dient ebenfalls als perfektes Schutzschild gegen Sanktionen, weil Washington Goldtransaktionen nicht einfrieren lassen kann. Zudem verkaufte die russische Zentralbank fast alle US-Staatsanleihen. Wirtschaftlich haben die Russen ein Ass im Ärmel. Nämlich das Projekt One Belt, One Road –  die neue Seidenstraße. China investiert Milliarden in dieses Projekt. Russland will politisch und wirtschaftlich davon profitieren und befürwortet das gigantische Vorhaben seit Jahren.

China hat vor einigen Jahren Deutschland als wichtigsten Handelspartner Russlands abgelöst.  Die russische Wirtschaft kann diese neuen Finanzimpulse gut gebrauchen und bei Geschäften mit China dürfte es im Gegensatz zum Westen keinerlei Diskussionen zu Grundsatzfragen wie etwa den Menschenrechten geben. Auch in Sachen Rohstoffhandel wendet sich Russland immer mehr gen Osten. So wurden in der letzten Woche langfristige Lieferverträge für Öl und Gas zwischen Russland und China unterzeichnet.

Russische Aktien sind wieder günstig

Die Korrektur an der russischen Börse scheint das Schlimmste hinter sich zu haben. Das Bruttoinlandsprodukt wächst per Ende September 2021 mit 4,3 Prozent. Von der Bewertung her sind russische Aktien sehr attraktiv. Der russische Leitindex weist ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von nur 5,2 auf. Zum Vergleich liegt der DAX bei 14 und der S&P 500 bei 20. Laienhaft glauben zahlreiche Investoren, dass der russische Index fast nur aus Öl und Gasfirmen besteht. Diese Annahme ist aber ein Trugschluss.

Besonders Unternehmen abseits der Energiebranche in Russland sind sehr interessant. Die russische Fluggesellschaft Aeroflot belohnt seine Aktionäre mit einer Dividende in Höhe von 7 Prozent. Zudem ist der russische Leitindex weit von seinen alten Höchstständen entfernt. Jedoch schwebt die Geopolitik wie ein Damoklesschwert über der russischen Börse. Sollte es wirklich zu militärischen Auseinandersetzungen kommen, dürfte die Korrektur weiter gehen, zumindest kurzfristig. Mutige und erfahrene  Anleger können aber schon erste Positionen in russischen Aktien wieder aufbauen.  

Erste Positionen in Russland aufbauen

Für chancenorientierte Anleger mit einem Anlagehorizont von mindestens fünf Jahren bietet die russische Börse  großes Potential, auch wenn die geopolitische Lage noch unsicher ist. Die Energiepreise dürften hoch bleiben, was die russischen Einnahmen weiter sprudeln lassen dürfte. Wer nicht anhand von Einzelaktien investieren möchte, sollte sich einige Russlands-Fonds genauer anschauen.