Neben den kulinarischen Exportschlagern Wodka und Borschtsch hat Russland auch für Anleger etwas zu bieten.
Das Riesenreich aus dem Nordosten Europas hat in den letzten Monaten das Interesse der Investoren wieder auf sich gezogen. Die russischen Aktien entwickelten sich im Jahr 2019 prächtig, russische Anleihen locken mit solider Bonität und hohen Zinsen. Zudem bietet der russische Rubel Renditepotential. Welche Chancen bietet der russische Finanzmarkt in der Zukunft?

Russland – Aktien mit starker Performance

Der MSCI-Russland-Index stieg im Jahr 2019 in US-Dollar ausgedrückt um satte 51 Prozent.  Dieser Anstieg entspricht gut dreimal so viel wie der MSCI-Index für Schwellenländer und beinahe doppelt so viel wie der MSCI-World-Index, der die weltgrößten Unternehmen nach Marktkapitalisierung umfasst.

5uch in diesem Jahr dürfte die Kursrally in Russland sich fortsetzen. Die Aktienbewertung ist selbst nach dem Anstieg noch günstig. So liegt das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis bei nur 6,4. Im Vergleich dazu liegt das KGV des S&P500 bei 19. Neben der günstigen Bewertung locken russische Aktien mit hohen Dividenden. Die Dividendenrendite russischer Aktien liegt bei etwa 7 Prozent. Dies liegt deutlich über dem Mittelwert von 3 bis 4 Prozent für die anderen Entwicklungsländer. Die starke Performance von 2019 ist neben dem gestiegenen Interesse internationaler Investoren an russischen Firmenbeteiligungen auch auf die Ankündigung höherer Dividendenzahlungen von Unternehmen, wie Gazprom oder der Sberbank, zurückzuführen.

Aktien aus Russland weiterhin mit viel Potential

Die plötzlichen Kurszuwächse an der russischen Börse stehen  damit in Verbindung, dass sich die Investoren im Angesicht der Sanktionen seit dem Ukrainekonflikt im Jahr 2014 lange zurückhielten. Dies hat sich in den letzten Monaten geändert. Der Staat, die Wirtschaft und die Bevölkerung haben sich in den letzten 4 Jahren auf diese Sanktionen eingestellt. So verbesserten sich die Wirtschaftsdaten, ausgehend von einem sehr tiefen Niveau, imposant und gegen den weltweiten Abwärtstrend. Die Rezession ist überwunden. Das Bruttoinlandsprodukt wächst mittlerweile wieder mit 1,7 Prozent.

Doch ein, von den europäischen Mainstreammedian oftmals vergessenes, Ass haben die Russen noch im Ärmel. Die neue Seidenstraße. China investiert 900 Milliarden Euro in dieses Projekt. Russland will politisch und wirtschaftlich davon profitieren und befürwortet das gigantische Vorhaben. Im Kern geht es dabei um den Ausbau und die Verbesserung von Transportwegen von China nach Europa und Afrika. Hauptsächlich sollen moderne Häfen, Straßen und Bahnstrecken entstehen, um Waren zwischen Europa und Asien schneller transportieren zu können. Chinesische Firmen investieren in Russland. Zugleich wächst der russisch-chinesische Handel stark. China hat vor einigen Jahren Deutschland als wichtigsten Handelspartner Russlands abgelöst. 

Wo Chancen sind, lassen sich zumeist auch Risiken finden. Neben einer Eskalation auf geopolitischer Ebene, sorgt die Aktionärsstruktur für Risiken. Laut der Angaben der russische Sberbank, werden Dreiviertel aller russischen Aktien von Ausländern gehalten. Sollten sich die USA oder die EU neue Sanktionen überlegen, wie zum Beispiel ein Besitzverbot für russische Aktien, könnte es mit dem Aufwärtstrend schnell wieder vorbei sein.

Russische Anleihen locken Zinsjäger an

Russland bietet Anleiheinvestoren echt verlockende Prozente. Russische Staatsanleihen mit attraktiven Renditen, vor allem wenn die Papiere in Lokalwährungen notieren, sind etwas für den Zinsgaumen. Wer sich solche Papiere ins Depot legt, muss allerdings auch Währungsschwankungen tolerieren. Das Risiko bei den russischen Rentenpapieren ist überschaubar. Der Verschuldungsgrad Russlands ist deutlich besser als bei den westeuropäischen Ländern. So weist die russische Föderation beispielswiese eine Verschuldung von 15 Prozent aus. Italien liegt bei 135 Prozent. Die internationale Ratingagentur Standard & Poor’s bestätigte jüngst die Bonität Russlands bei BBB- mit einem „stabilen“ Ausblick. Sie erwartet von der neuen Regierung Kontinuität in der makroökonomischen Politik. Ende 2020 dürfte das russische BIP-Wachstum 1,8 Prozent erreichen.

Der Rubel rollt – hat aber weiteres Potential

Der russische Rubel hat in den letzten Monaten im Vergleich zum Euro an Wert geworden. Aktuell bekommen Devisenanleger für einen Euro 68 Rubel. Vor einem Jahr waren es noch knapp 75. Der Rubel wird auch von der positiven Stimmung der Märkte begünstigt. Jetzt zielt die russische Währung darauf ab, die psychologisch wichtige Marke von 65 Rubel pro Euro in den kommenden Wochen zu überwinden. Die Aufwertung des Rubels spiegelt auch die konservative Politik der russischen Zentralbank wieder. Sie senkte den Leitzins seit 2015 von 15 auf knapp 6 Prozent. Die Inflation von aktuell 3 Prozent ist für russische Verhältnisse moderat. Der Rubel wird durch den Zustrom von Währungen in das Land gestützt. Niedrige Importe, hohe Exporte in Form von Öl und Gas und geringe Zahlungen für Auslandsschulden sorgen traditionell im ersten Quartal eines jeden Jahres für einen stärkeren Rubel.

Russland bleibt für Anleger interessant

Für chancenorientierte Anleger mit einem Anlagehorizont von mindestens fünf Jahren bietet die russische Börse immer noch großes Potential. Wer nicht anhand von Einzelaktien investieren möchte, sollte sich einige Russlandsfonds genauer anschauen. Hier generieren erfolgreiche Manager anhand von Stockpicking einen deutlichen Mehrwert für die Investoren gegenüber einem klassischen, energielastigen ETF.  Zinsjäger kommen in Russland mit satten Kupons bei einem vertretbaren Risiko ebenfalls auf ihre Kosten. Na dann, будем здоровы!