An den Finanzmärkten waren die letzten Monate sehr turbulent. Der Russland-Ukraine Konflikt, eine hohe Inflation und steigende Zinsen setzten sowohl den Aktien-  aber auch den Anleihekursen deutlich zu. Bei den Devisen gab es ebenfalls signifikante Kursbewegungen. Die europäische Einheitswährung verlor massiv an Wert. Sowohl Anleger als auch Sparer stellen sich immer häufiger die Frage, wie stabil der Euro noch ist und wie lange dieser womöglich noch überleben wird bzw. kann.

Euro hat bereits an Wert verloren

In den letzten 12 Monaten gab der Euro gegen fast alle anderen wichtige Währungen nach. So verteuerte sich der US-Dollar im Vergleich zum Euro von 1,17 im Mai letzten Jahres auf nun 1,02 per Anfang Juli. Beim Schweizer Franken wurde sogar die Parität unterschritten. Einzig der Yen, wurde unter den großen Währungspaaren noch schwächer.

Euro_Devisen_Währung

Quelle: VWD

Der „Ottonormal-Bürger“ macht sich um den Euro anscheinend wenig Sorgen, frei nach dem Motto „wird schon alles gut gehen“. Bei den professionellen Investoren machen sich ernste Sorgenfalten aber breit.

Target2-Salden steigen unaufhaltsam

Das Ungleichgewicht in der Eurozone ist hoch. Neben den wirtschaftlich starken Ländern wie Deutschland, Luxemburg oder Holland gesellen sich die Südländer Italien, Portugal, Spanien und Griechenland, welche noch immer in Sachen Produktivität, Wettbewerbsfähig und Reformen hinterherhinken. Dies hat dazu geführt, dass sich die Olivenstaaten weiter verschuldet haben. Die Target2-Salden sind enorm angestiegen. Deutschland hat mittlerwei1e 1,15 Billion Euro (1.149.000.000.000 € Stand Februar 2022) „Guthaben angespart“.

Target2 kann man als große Handelsplattform für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr im EURO-Raum bezeichnen. Jedes Mal, wenn eine durch Fiatkredit geschaffene Bankeinlage an eine andere Geschäftsbank abfließt, leiht sich die betreffende Geschäftsbank üblicherweise Geld am Kapitalmarkt, um die Finanzierung des Kredits sicherzustellen. Gelingt dies der Geschäftsbank indessen nicht, darf nach den Regeln des Interbankenzahlungssystems Target2 die jeweilige nationale Zentralbank als Kreditgeber letzter Instanz einspringen. So wird auf Kosten der starken Nationen vorfinanziert. Ob diese Forderungen jemals wirklich zurückbezahlt werden, ist mehr als fraglich. Diese Problematik wurde zwar immer öfter angesprochen bzw. war in den Medien zu lesen, doch insgesamt war die Stimmung diesbezüglich – bis jetzt – sehr entspannt.

Anleiherenditen steigen massiv und gefährden den Euro

In den letzten Wochen hat sich jedoch eine andere „Gefahr“ in den Vordergrund gedrängelt – steigende Zinsen. Angesichts der steigenden Zinsen für die Staatsanleihen hochverschuldeter südeuropäischer Länder wächst die Angst vor einer Rückkehr der Euro-Krise rapide an.

Italien erlebt an den Finanzmärkten im Juni beispielsweise ein schmerzhaftes Déjà-Vu. Seit Sommer letzten Jahres ist die Rendite zehnjähriger italienischer Staatsanleihen von knapp 0,6 Prozent auf bis 4,1 Prozent geklettert. Ein solch hohes Niveau gab es zuletzt vor acht Jahren. Das bedeutet, dass italienische Italien deutlich mehr zahlen muss, um Abnehmer für die Staatsanleihen zu finden. Die hohen Refinanzierungskosten belasten den Staatshaushalt und die heimischen Banken. Die Geldhäuser halten die Mehrheit der italienischen Staatsanleihen. Nach Angaben des italienischen Bankenverbands waren es zuletzt 422 Milliarden Euro, die Italiens Geldinstitute besaßen. Im Sog der steigenden Zinsen verlieren die Anleihen an Wert. Das belastet wiederum die Bilanzen der Banken. Italien ist aber leider kein Einzelfall wie folgender Chart zeigt.

Euro-Anleihen-Zinsen-Rendite

Quelle: VWD

Die hohe Schuldenlast könnte so manchen südeuropäischen Schuldenturm zum Einsturz bringen. Wahrscheinlich mit verheerenden Folgen für den Euro.

Bankensektor steht vor größter Herausforderung

Nicht nur die fallenden Anleihekurse lassen die Banken wanken. In den letzten Wochen tauchten vermehrt negative Meldungen bezüglich der Kreditrisiken auf. Sollte es zu einer Rezession kommen, dürfte die Kreditrückzahlungsfähigkeit sowohl bei Unternehmen als auch bei Privatpersonen deutlich abnehmen. Dies könnte zu massiven Kreditausfällen und Liquiditätsengpässen führen. Lehman Brothers lässt grüßen.

Quo vadis Euro?

Der Euro könnte somit in absehbarer Zeit aufgrund der fehlerhaften Konstruktion zerbrechen. Spätestens wenn Deutschland nicht mehr als Zahlmeister Europas dienen „möchte“, heißt es wohl „Game over“. Zudem hat Macron in Frankreich die absolute Mehrheit im Parlament verloren. Seine Gegner sind extrem „Euro kritisch“. Darüber hinaus hat nicht zuletzt der Ukraine-Konflikt dazu geführt, dass die einzelnen Länder wieder deutlich nationalistischer denken. In einer Krise ist eben doch jeder sich selbst am nächsten. Derzeit ist folglich das Motto „wer streut, rutscht nicht“ bei Währungen aktueller denn je. Große Liquiditätsbestände in Euro würden wir jedenfalls derzeit nicht langfristig halten wollen.