Der Ukraine-Krieg, eine Korrektur an den Börsen und erste Anzeichen einer Rezession lassen erfahrene Investoren indes vorsichtiger werden. Bei der Frage nach einer konservativeren Anlagealternative am Aktienmarkt, rücken insoweit sogenannte „Familienunternehmen“ bei langfristigen Anlegern in den Fokus. Die Aktien der inhabergeführten Unternehmen sollen aufgrund der nachhaltigen Interessen, langfristig eine signifikant bessere Performance erzielen als die Wertpapiere von Unternehmen mit  austauschbaren Managern. Doch wo liegen genau die Vor- und Nachteile dieser inhabergeführten Unternehmen?

Familienunternehmen für Wirtschaft unerlässlich

Weltweit ist die Mehrheit aller Unternehmen in Familienbesitz. Mit gewissen Abweichungen von Land zu Land machen sie damit 70 bis 90 Prozent aller Firmen aus. Diese Unternehmen sind für zwei Drittel der Wirtschaftskraft verantwortlich und bieten die meisten Arbeitsplätze. Unstrittig ist deshalb die enorme ökonomische Bedeutung von erfolgreichen Familienunternehmen. Dabei sind die größten börsennotierten Vertreter dieser Spezies hierzulande die beiden Autobauer Volkswagen und BMW, der Automobilzulieferer Continental, der Gesundheitskonzern Fresenius und der Konsumgüterriese Henkel, welche allesamt im DAX vertreten sind. Auch in der zweiten Börsenreihe befinden sich viele inhabergeführte Firmen. Wacker Chemie, Krones oder Fuchs Petrolub sind hier prominente Beispiele.

Eigentümergeführte Unternehmen bieten Vorteile

Zahlreiche Studie belegen, dass die Unternehmen, bei welchen die Gründer noch aktiv sind oder große Aktienpakete halten, an der Börse überproportional gut abschneiden.  Dies macht folgender Chart deutlich. Der DAXPLUS Family 30 erzielte über einen Zeitram von 10 Jahren 59 Prozent mehr Ertrag als der Dax.

DAX-Aktien-Familien-Unternehmen

Quelle: VWD

Ein Aktienkauf eines familiengeführten Unternehmens gilt in der Regel als langfristiges, nachhaltiges Investment, da diese weitsichtiger agieren und eine defensivere Geschäftsstrategie an den Tag legen. Zudem halten sie sich bei der Verschuldung stärker zurück, scheuen häufig Übernahmen und wachsen stattdessen meist organisch. Dieses langsamere, beständigere Wachstum beugt einer möglichen Schieflage vor.  In der Regel sind diese Unternehmen mit soliden und überproportional hohen Eigenkapitalquoten von bis zu 80 Prozent ausgestattet.

Aktien in festen Händen

Ein wichtiger Faktor ist die Tatsache, dass die Inhaberfamilie einen Großteil der Aktien besitzt. Daraus resultiert ein Interessengleichklang zwischen dem normalen Aktionär und den Unternehmenslenkern. Ein fremdgesteuertes Management denkt häufig kurzfristig und bonusorientiert. Bei den wöchentlich veröffentlichten Insidertransaktionen, sieht der Anleger zudem, ob die Familie weitere Anteile zukauft oder Aktienpakete abstößt.

Bei inhabergeführten Familienunternehmen ist es meistens so, dass der Großaktionär mindestens 25 Prozent der Stimmrechte hält. Dieser Großaktionär fungiert als stabiler Anker, da er in guten und in schlechten Zeiten an seinem Aktienpaket festhält. Diese Ankeraktionäre sorgen in der Regel dafür, dass die Volatilität, aber auch der Free Float, bei entsprechenden Unternehmen niedrig ist. 

Familienunternehmen bergen aber auch Risiken. Beispielsweise falls der Inhaber seine Position ausnutzt und „seine“ Firma anhand eines exorbitanten Gehalts oder etwaigen Bonuszahlungen ausschlachtet. Ein weiterer Stolperstein könnte die Vergabe von „Scheinposten“ sein, wenn beispielsweise ein naher Verwandter oder ein „Freund der Familie“ auf dem Papier einen hochbezahlten Posten inne hat, diesen aber in der Praxis gar nicht ausfüllt. 

Wie Anleger partizipieren können

Anleger können mittels Einzeltitel oder eines spezifischen Fonds / ETFs in diesen Bereich investieren. In der Vergangenheit konnten einige Fondsmanager den Index deutlich outperformen. Somit kann ein aktiver Managementansatz in dieser Nische vorteilhaft sein.  Aufgrund der aktuellen Unsicherheit an den Finanzmärkten kann eine Umschichtung hin zu „Familienunternehmen“ sinnvoll sein, denn eine inhabergeführte Firma wird sich wohl vor allem in einer Baisse bewähren.

 

Bleibt festzuhalten, dass konjunkturabhängige Werte meist die größten Chancen nach einem Crash bieten. So nach der Finanzkrise 2009, als in den ersten drei Monaten der Erholungsrally zyklische Aktien besonders stark outperformten. Ein ähnliches Muster sahen wir nach dem Corona-Crash. Qualitativ hochwertige Zykliker haben jetzt die Chance den Turbo zu zünden und Anlegern wieder Freude zu machen. Natürlich nur solchen, die sich antizyklisch eingekauft haben.