Die amerikanische Notenbank FED steckt in der Zwickmühle. Die Inflation ist in den letzten Monaten deutlich gestiegen. Aktuell liegt die Teuerungsrate in den USA bei satten 5,3 Prozent. Normalerweise muss die Notenbank in solch einem inflationären Umfeld die Zinsen anheben und die Konjunkturspritzen zurückfahren. Doch zahlreiche „Baustellen“ machen eine Zinsanhebung nahezu unmöglich, ohne dass eine finanzielle Atombombe gezündet wird.

US-Staatsverschuldung – the sky is the limit

Die US-Staatsverschuldung beläuft sich aktuell auf über 28 Billionen US-Dollar, denen magere 3,85 Billionen US-Dollar an Steuereinnahmen gegenüberstehen. Seit der Corona-Pandemie ist die Verschuldung nochmals deutlich gestiegen, wie folgender Chart eindrucksvoll zeigt.

 

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Quelle: fred.stlouisfed.org

Höhere Zinsen würden demnach eine erdrückende Zinslast für die USA bedeuten. Diese zusätzlichen Zinszahlungen wird sich das Land der unbegrenzten Möglichkeiten kaum leisten können und wollen.

Zu allem Überfluss steht die Fiskalklippe in den USA ante portas. US-Finanzministerin Janet Yellen hat den Kongress daher angefleht die US-Schuldenobergrenze zu erhöhen, um eine epische Finanzkrise zu vermeiden. Die USA haben eine gesetzlich festgelegte Schuldengrenze, welche besagt, wie viel neue Schulden die Regierung zur Begleichung ihrer Ausgaben machen kann. Aktuell liegt diese Obergrenze bei rund 28,4 Billionen US-Dollar. Das Limit wird regelmäßig angehoben, denn der Kongress muss einer Anhebung zustimmen. Der US-Kongress besteht aus den beiden Kammern Senat und Repräsentantenhaus. Präsident Joe Bidens Demokraten kontrollieren das Repräsentantenhaus, im Senat sind sie allerdings auf die Unterstützung von Republikanern angewiesen.

Im Falle, dass die Obergrenze nicht erhöht wird, kann der Staat kein weiteres Geld leihen, seinen Verbindlichkeiten nicht nachkommen und auch seine fällig werdenden Altschulden nicht bedienen. Eine durch Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung ausgelöste Krise würde die wirtschaftlichen Schäden durch die anhaltende Corona-Pandemie verschlimmern, die Finanzmärkte beunruhigen und die amerikanische Wirtschaft in die Rezession stürzen. Millionen Arbeitsplätze würden verloren gehen und die Zinsen dauerhaft steigen.

US-Wirtschaft – cool down

Die US-Wirtschaftsdaten der letzten Wochen waren nicht mehr so positiv wie eigentlich angenommen. Im August wurden nur 235.000 neue Jobs geschaffen, erwartet wurden hingegen rund 750.000. Auslöser der schwachen Zahlen waren offenbar die stark gestiegenen Corona-Infektionen. Experten führen das auf die rasche Ausbreitung der Delta-Variante, eine fehlende Impfbereitschaft bei vielen Menschen und die Abkehr von anderen Schutzmaßnahmen wie das Maskentragen zurück. Eine nachhaltige Erholung am Arbeitsmarkt gilt als eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Notenbank ihre Hilfen für die von der Corona-Pandemie gebeutelte Wirtschaft in absehbarer Zeit verringern kann. Nach den jüngst ernüchternden Zahlen ist auch hier Vorsicht geboten, nicht dass eine vorzeitige Straffung der Goldpolitik die US-Wirtschaft wieder abwürgt.

China Evergrande – der Super-Chinaböller?

Die Sorge vor einer Pleite des chinesischen Immobilienriesen Evergrande hat Anleger rund um den Globus in Panik versetzt. Der Kurssturz an der Börse in Hongkong weitete sich auf die europäischen Märkte aus, da Investoren ein Übergreifen der Liquiditätskrise bei Evergrande auf andere Branchen befürchteten. Auch die US-Börsen wurden nicht verschont, zudem fielen die Preise für Kupfer und Eisenerz signifikant. Insgesamt hat Evergrande Schulden von umgerechnet mehr als 300 Milliarden US-Dollar aufgetürmt und ist in Zahlungsverzug geraten. Am 23. September 2021 werden Anleihekuponzahlungen  in Höhe von 232 Millionen Yuan (um-gerechnet 35,88 Millionen US-Dollar) eine wichtige Onshore-Anleihe und Zinszahlung für eine  Offshore-Anleihe in Höhe von umgerechnet 83 Millionen US-Dollar fällig. Am 29. September werden weitere Zinsen in Höhe von 47,5 Millionen US-Dollar fällig. Für diese Zinszahlungen gilt jeweils eine Nachfrist von 30 Tagen, was Evergrande weitere Zeit verschaffen könnte. In den nächsten Tagen wird man sehen wie solvent Evergrande derzeit ist.

Die Immobilienbranche in China, auf welche mehr als ein Viertel der chinesischen Wirtschaftstätigkeit entfällt, scheint stark angeschlagen. Auch die Aktienkurse anderer Immobilienkonzerne in China und Hongkong kamen unter die Räder. Vielleicht ist Evergrande nur die Spitze des Eisbergs eines auf Schulden aufgebauten Wirtschaftswachstums. Jedenfalls hat die Krise der chinesischen Immobilienentwickler das Potential die weltweiten Finanzmärkte zu erschüttern. Diese Unsicherheit dürfte auch dazu beitragen, dass die amerikanische Notenbank in Sachen ultralockerer Geldpolitik vorerst auf dem Gaspedal bleibt.

FEDder Druck wächst

Eigentlich wäre es an der Zeit, dass die amerikanische Notenbank die Anleihekäufe reduziert und in den nächsten Monaten die Zinsen erhöht. Doch die oben genannten Punkte sorgen dafür, dass der Fed die Hände gebunden sind. Es wird spannend zu beobachten sein, wie die Notenbank agieren wird, wenn die Inflation doch dauerhaft hoch bleibt. Wir sehen die FED als zahnlosen Tiger und Steigbügelhalter der Finanzmärkte. Zwar haben bereits zahlreiche FED Mitglieder immer wieder Zinserhöhungen und eine Reduzierung der Anleihekäufe in Aussicht gestellt, jedoch wissen die meisten FED-Mitglieder, dass nur noch all-in den Märkten hilft.