Die Immobilie gilt als das Lieblingskind der Deutschen. Es heißt, dass Immobilien hohe Stabilität, Inflationsschutz und kalkulierbare Renditen bieten. In der letzten Dekade sind die Immobilienpreise in Deutschland in der Tat stark gestiegen, zumindest in den Großstädten und den Ballungsgebieten. Hauptgrund für diesen Preisanstieg waren die niedrigen Zinsen. Vor gut einem Jahr haben die Notenbanken jedoch begonnen, die Zinsen deutlich anzuheben. Dieser rasante Zinsanstieg hat natürlich massive Auswirkungen auf die Immobilienpreise und damit auch auf die Immobilienaktien. Die Aktien der Immobilienkonzerne korrigierten ebenfalls deutlich. Sollten Anleger jetzt antizyklisch zugreifen?

Preise von Immobilien rückläufig

Sachwerte waren in den letzten Jahren sehr gefragt – und Immobilien gehörten selbstverständlich dazu. Neben professionellen Investoren haben auch immer mehr Privatanleger in das Betongold investiert. Als Kaufargumente wurden dann eine steigende Nachfrage nach Wohnraum, die Stabilität eines Sachwerts und oftmals auch die niedrigen Kreditzinsen aufgeführt. Somit sind die Preise kontinuierlich gestiegen. Doch jetzt hat sich das Blatt gewendet. Die Immobilienpreise sind eingebrochen, die Kreditkosten sind auf den höchsten Stand seit der Finanzkrise gestiegen und die Banken werden vorsichtiger bei der Kreditvergabe. Allein im ersten Quartal 2023 seien die Kaufpreise für Häuser, Wohnungen oder Grundstücke laut Daten des German Real Estate Index in Berlin um sechs Prozent im Vergleich zum Höhepunkt 2022 gefallen. In Frankfurt lag das Minus bei zwölf, in Hamburg bei neun Prozent. Das ist schon eine Hausnummer, Tendenz steigend. Ebenfalls brechen die Preise von Gewerbeimmobilien ein, wie zahlreiche Statistiken offenlegen.

Höhere Zinsen belasten Immobilienaktien

Neben den höheren Lebenshaltungskosten sorgen vor allem die höheren Zinsen dafür, dass sich immer weniger Meschen den Traum der eigenen Immobilie leisten können. Die Zinsen der Baufinanzierungen stiegen rasant an. Der Zinssatz für zehnjährige Hypotheken lag Anfang 2022 noch bei etwa einem Prozent, mittlerweile sind fast vier Prozent fällig.

Zinsen-Immobilienaktien-Immobilien-Aktien

Quelle: Infront

Das Problem der höheren Finanzierungskosten lastet aber nicht nur auf den Privatpersonen. Auch Immobilienkonzerne haben arg damit zu kämpfen. Europäische Immobilienunternehmen haben Anleihen im Wert von etwa 150 Milliarden Euro, welche bis 2026 fällig werden. Für einige der Unternehmen besteht derzeit die Gefahr, dass sie auf Ramschstatus herabgestuft werden, welches die Kreditaufnahme verteuern würde.

Immobilienaktien mit deutlichen Kursverlusten

Die Aktienkurse von Unternehmen aus der Immobilienbranche standen deshalb massiv unter Druck. So notiert der Stoxx600 Real Estate Index derzeit auf dem niedrigsten Stand seit 2008. Seit August 2021 beträgt der Rückgang des europäischen Immobilienindizes Stoxx600 Real Estate fast 50 Prozent, sodass der Index im Vergleich zum europäischen Referenzindex für Aktien ein Rekordtief erreicht hat.

Immobilienaktien-Immobilien-Aktien-Stoxx600

Quelle: Infront

Immobilien antizyklisch kaufen?

Wie oben beschrieben, gibt es einige Probleme am Immobilienmarkt. Sollten Anleger denn jetzt schon frei nach dem bekannten Börsenzitat von Carl Mayer von Rothschild „Kaufen, wenn die Kanonen donnern. Verkaufen, wenn die Violinen spielen“ zugreifen?

Wir sind der Meinung, dass erste Positionen auf- bzw. bestehende Positionen ausgebaut werden können.

Eine Möglichkeit bieten Fonds oder ETFs aus diesem Sektor, eine weitere Alternative besteht im Kauf von „Immobilienaktien“. Hier ist der große Vorteil die Liquidität, da Aktien börsentäglich handelbar sind. Schaut man sich die aktuelle Bewertung an, wird deutlich, dass Deutschlands größtes Immobilien-Unternehmen, die Vonovia AG, mit einem KGV von 8,2 günstig bewertet ist. Zudem schüttet das Unternehmen seinen Aktionären 4,8 Prozent Dividende aus.

Ausschlaggebend dürfte die Entwicklung der Zinsen sein. Wir gehen davon aus, dass wir jeweils maximal noch eine Zinsanhebung in den USA und in Europa sehen werden. Anschließend dürfte das Zinsniveau deutlich nach unten drehen. Dieser U-Turn würde den Sachwerten wie Immobilien, Aktien und Edelmetallen starken Auftrieb verleihen.

Wer in Immobilien investieren möchte kommt nicht umhin, sich detailliert mit der Thematik „Zinsen“ zu beschäftigen. Eine scharfe und realistische Kalkulation ist ebenso unerlässlich wie die richtige Strategie. Die alte Händlerweisheit „im Einkauf liegt der Gewinn“ stimmt in Sachen Immobilien aktuell mehr denn je.