Offene Immobilienfonds stehen aktuell vor großen Herausforderungen. Investoren ziehen Gelder ab, was für liquiditätsarme Anlageklassen wie Immobilienfonds ein großes Problem darstellen kann. Deutsche Anleger haben in der zweiten Jahreshälfte 2023 gut 750 Millionen Euro aus offenen Immobilienfonds per Saldo abgezogen. Besonders hoch sind die Abflüsse in unserem Nachbarland Österreich, wo im Jahr 2023 15 Prozent der Investitionsvolumen aus offenen Immobilienfonds abgezogen wurde.
Probleme bei offenen Immobilienfonds
Zahlreiche Immobilienanleger sind verunsichert, da die Immobilienpreise fallen, insbesondere im Bereich der Büro-, Hotel- und Einzelhandelsimmobilien. Dies ist ein ungewohntes Gefühl, da die Immobilienpreise in der letzten Dekade kontinuierlich gestiegen sind. Als Ursachen für den Preisrückgang sind die gestiegenen Zinsen, die die Gewerbeimmobilienpreise sinken lassen, ein möglicher Trend zum Homeoffice und Onlineshopping sowie verschärfte Sanierungsauflagen zu nennen. Die großen deutschen Fonds investieren überwiegend in Büros, Einkaufszentren und Hotels in Westeuropa.
Einige Fonds haben in den letzten Monaten deutliche Kursrückgänge hinnehmen müssen, wie hier am Beispiel des Kanam Leading Cities deutlich wird.
Quelle: Infront
Hohe Mittelabflüsse belasten Immobilienfonds
Die hohe Verunsicherung der Anleger macht sich auch bei den Mittelabflüssen bemerkbar. Eine derartige Serie von Mittelabflüssen wie im letzten Halbjahr gab es in Deutschland zuletzt während der großen Fondskrise von 2005 bis 2006, als in sieben Monaten mehr als 13 Mrd. Euro abflossen und im Nachgang zahlreiche Fonds schließen mussten. Man sollte diese Abflüsse aber auch ins Verhältnis zum gesamten Anlagevolumen setzen. Derzeit sind etwa 125 Milliarden Euro in offene Immobilienfonds in Deutschland investiert.
Schaut man sich die Abflüsse im Detail an, stellt man fest, dass sich die Abflüsse besonders auf einige Fonds mit spezifischen Branchen beziehen oder regionalen Schwerpunkten unterliegen. Vor allem im Bereich der Büro- und Einzelhandelsimmobilien ziehen sich Anleger zurück. Bei den größten Fonds aus Deutschland investierten die Anleger hingegen in Summe mehr Gelder, als dass sie abzogen. Somit kann man innerhalb der Branche auch von Umschichtungen sprechen.
Liquidität ist wichtig
Bei Immobilienfonds sind Mittelabflüsse deshalb so gefährlich, weil Immobilien im Vergleich zu Aktien oder Anleihen nicht so liquide, heißt nicht so schnell veräußerbar sind. Aus diesem Grund wurden in Deutschland Rückgabebedingungen festgelegt. In Deutschland dürfen Anleger Anteile nämlich frühestens zwei Jahre nach Kauf an die Fondsgesellschaft zurückgeben und müssen die Rückgabe ein Jahr im Voraus verbindlich anmelden. So haben die Fondsgesellschaften mehr Zeit um entsprechende Liquidität zu schaffen. In Österreich ist die Rückgabe börsentäglich möglich. Dieser Unterschied erklärt auch die hohen Mittelabflüsse im Jahr 2023.
Die deutschen Fonds haben in den letzten Monaten vorgesorgt. Hier liegt die Cash-Quote in den Fonds aktuell im Schnitt bei 15 Prozent, was einen Anstieg gegenüber den Jahren 2021 und 2022 darstellt. Diese Liquidität beläuft sich aktuell auf etwa insgesamt 18 Milliarden Euro, welche im Notfall an ausstiegswillige Anleger ausgezahlt werden könnten.
Was sollen Anleger offener Immobilienfonds tun?
Eine pauschale Antwort auf die Frage, wie sich Anleger verhalten sollen, ist nicht möglich, da zahlreiche Parameter eine Rolle spielen. So sind Anlageziele, Anlagehorizont und Risikobereitschaft der Anleger komplett unterschiedlich. Zudem unterscheiden sich die jeweiligen Fonds teilweise deutlich. Somit schlagen wir vor, dass Anleger ihren Bestand an Immobilienfonds einer gründlichen Analyse unterziehen sollen. Gegebenenfalls von einem unabhängigen Experten.