In den letzten Wochen war der Ölpreis sehr volatil. Der Preis der Nordseesorte Brent pendelte zwischen 55 und 65 US-Dollar pro Barrel. Diese Volatilität ist vor allem auf die politische Situation im Nahen Osten, den Handelskrieg zwischen China und den USA und der Angst einer möglichen Rezession zurückzuführen. Sowohl Anleger als auch Verbraucher stellen sich die Frage, ob der Ölpreis in den nächsten Wochen einbricht oder einen neuen Anlauf auf die 100 US-Dollar-Marke nimmt.

Ölpreis tanzt Cha-Cha-Cha

Nach den Drohnenangriffen auf zwei Ölanlagen in Saudi-Arabien ist der Ölpreis Mitte September stark vorgeprescht. Bis zu 9 Prozent schnellte der Preis für das schwarze Gold nach dem Angriff in die Höhe, da Saudi Arabien als eins der größten Ölförderländer aufgrund des Angriffs deutlich weniger Öl produzieren konnte. Saudi-Arabien fördert unter normalen Umständen 9,9 Millionen Barrel am Tag – das sind fast zehn Prozent der weltweiten Förderung. Sieben Millionen Barrel gehen in den Export. Doch die Angst vor einem Produktionsengpass hielt nicht lange, da Saudi-Arabien zeitnah beteuerte, man könne genügend Öl liefern und tatsächlich konnte das Land Anfang Oktober wieder auf das Produktionsniveau zurückkehren, das vor den Angriffen erzielt wurde. Die Region rund um den Persischen Golf, welche unverzichtbar für die weltweite Energieversorgung ist, bleibt aber ein Pulverfass, denn auch der Konflikt zwischen dem Iran und der USA  ist längst nicht gelöst.

Diese Unsicherheiten sorgten dafür, dass sich der Ölpreis im Jahr 2019 zwei Schritte vor und zwei Schritte zurück entwickelte. So lag das Jahrestief der Nordseesorte Brent bei knapp 55 US-Dollar und das bisherige Jahreshoch bei 74 US-Dollar

Ölpreisentwicklung der Nordseesorte Brent im Jahr 2019

Quelle: VWD

Rezession als Zündholz für fallenden Ölpreis

Die Ökonomen warnen seit geraumer Zeit vor einer Rezession, also einem Wirtschaftsabschwung. Dieser würde die Nachfrage nach Öl deutlich abschwächen. Zahlreiche globalen Konjunkturdaten und Frühindikatoren weisen bereits darauf hin, dass sich zumindest die verarbeitende Industrie in allen wichtigen Weltregionen bereits in der Rezession befindet.

Der US-Handelskrieg gegen China, dessen umfassende friedliche Beilegung trotz einer Teileinigung noch in weiter Ferne liegt, hat das Potenzial, die konjunkturelle Lage erheblich zu verschärfen – zumal man nicht unbedingt das Gefühl hat, dass die führenden Akteure in Washington genügend ökonomischen Sachverstand besitzen, um zu erkennen, welchen Schaden auch der US-Wirtschaft im Fall einer weiteren Eskalation droht.

Sind die OPEC-Länder die Loser 2019?

Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC), ist naturgemäß an einem möglichst hohen Ölpreis interessiert, Dies könnte sie veranlassen auf die sinkenden Notierungen mit weiteren Produktionskürzungen zu reagieren, um so das Angebot zu verknappen. Das Produktionsniveau der OPEC ist im September aber schon auf den tiefsten Stand seit zehn Jahren gefallen.

Da die OPEC-Länder für einen ausgeglichenen Staatshaushalt einen Ölpreis von 90 US-Dollar und mehr benötigen, wird klar, dass es bei den aktuellen Notierungen zahlreiche Verlierer gibt. Selbst Russland benötigt für einen ausgeglichenen Haushalt einen Preis von 70 US-Dollar pro Fass. Die US-Frackingindustrie kann im Schnitt ab einem Ölpreis von 65 Dollar Gewinne einfahren. Summa summarum gleicht die aktuelle Lage einer „lose-lose-Story“ für alle Produzenten.

Anleger sollten geduldig sein

Damit der Ölpreis nochmal in Richtung 100 US-Dollar läuft, müsste entweder die Weltwirtschaft stark wachsen und somit die Ölnachfrage explodieren oder ein externer Schock wie ein Krieg im Nahen Osten oder weitere Angriffe auf wichtige Produktionsstätten würden zu einem massiven Produktionsausfall führen. Beide Szenarien sind aktuell eher unwahrscheinlich. Unserer Meinung nach wird sich die weltweite Konjunktur abschwächen und somit die Nachfrage sinken. Zudem forciert die Politik den Wechsel von Öl auf erneuerbare Energien. Es ist durchaus vorstellbar, dass der „Kursmotor“ kurzfristig einen Gang zulegt und die 70 US-Dollar Marke wieder anpeilt, einen Anstieg darüber hinaus sehen wir eher nicht. Bei einem Ölpreis unter 50 US-Dollar sollten Anleger wieder über ein langfristiges Investment nachdenken. Bei aktuellen Preisen von 59 US-Dollar können Verbraucher ihre Öltanks jedoch zumindest teilweise füllen, denn der kalte Winter steht vor der Tür.