100 US-Dollar pro Barrel sind möglich

In den letzten Wochen war der Ölpreis sehr volatil. Der Preis der Nordseesorte Brent pendelte zwischen 70 und 78 US-Dollar pro Barrel. Es ist durchaus möglich, dass das schwarze Gold im Winter die psychologisch wichtige Marke von 100 US-Dollar wieder übersteigt. Welche Faktoren könnten zu dieser Preisexplosion führen?

Im Januar 2016 erlebte der Kursrutsch des Ölpreises seinen bisherigen Höhepunkt. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostete weniger als 30 US Dollar. Im Jahr 2014 lag dieser noch im dreistelligen Bereich. Seither hat sich viel getan, der langfristige Trend zeigt deutlich nach oben. Binnen eines Jahres stieg der Preis der Nordsee-Ölsorte Brent mehr als 40 Prozent. Autofahrern ist dies beim Tanken längst aufgefallen sein. Besitzer einer Ölheizung dürften es im Herbst mit Beginn der Heizperiode merken.

Ölpreis

Die Hauptreiber für den steigenden Ölpreis in den letzten Monaten waren die starke Weltwirtschaft, die Sanktionen gegen den Iran und das Chaos in Venezuela. Vor allem die Faktoren Iran und Venezuela könnten für einen turbulenten Herbst sorgen. Der Streit zwischen den USA und dem wichtigen Förderland Iran stehen hier im Fokus. Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump will erreichen, dass der Iran mit Hilfe von Sanktionen weitgehend vom Ölmarkt abgeschnitten wird. Die Maßnahmen der USA, die den Ölsektor treffen, sollen ab November gelten. Im besten Fall verliert der Iran durch die US-Sanktionen Exporte im Volumen von 500.000 bis 700.000 Barrel pro Tag. Sollte US-Präsident Donald Trump aber hart bleiben, die Sanktionen ausweiten und Irans Handelspartner unter Druck setzen, könnte sich der Verlust auf bis zu zwei Millionen Barrel pro Tag summieren Sollte dieser Streit eskalieren, werden die Ölpreise galoppartig Richtung 100 US-Dollar pro Barrel laufen.

Ein weiterer Preistreiber ist Venezuela. Das südamerikanische Land versinkt aber immer tiefer im wirtschaftlichen Chaos. Die Ölindustrie liegt am Boden und ist kaum in der Lage, bestehende Förderanlagen uneingeschränkt am Laufen zu halten. Mittlerweile kann das Land nur einen Bruchteil der früheren Ölmenge ins Ausland liefern und fällt immer mehr als ernstzunehmender Öllieferant auf dem Weltmarkt aus.

Außerdem stellen mögliche Lieferengpässe ein Problem dar. Die jahrelange Baisse der Ölpreise und die damit verbundenen rückläufigen Investitionen scheinen Wirkung zu zeigen, denn derzeit wird mehr Rohöl verbraucht als neues gefördert. Die Investitionsbereitschaft in neue Projekte laufen auch nur schleppend. Um die derzeitige Nachfrage, welche vor allem aus China und Indien stammt, bedienen zu können, müssten jährlich rund 33 Mrd. Barrel Rohöl gefördert werden. Sollte die Investitionsbereitschaft sich nicht deutlich verbessern, könnte die Förderung sogar anfangen zu schrumpfen und somit eine Versorgungslücke aufreißen. Die Investitionsentscheidungen bei den Genehmigungen von Großprojekten sind laut einem Marktexperten seit 2014 um rund 60 % zurückgegangen.

Es bestehen allerdings auch Risiken, welche zu einem fallenden Ölpreis sorgen können. So könnte ein sich zuspitzender Handelskrieg die Weltwirtschaft abwürgen, was zeitnah zu einer deutlich schwächeren Ölnachfrage führe. Ein weiterer Aspekt für einen fallenden Ölpreis könnte eine Förderungsausweitung von Schieferöl in den USA sein. Die Produktion der „Fracker“ stieg innerhalb von nur 5 Jahren von weniger 1 Mio. Barrel pro Tag auf 5 Mio. Barrel. Im Zuge des Ölpreiscrashs 2015 wurden Investitionen auf Eis gelegt. Die Produktion sank. Seit Sommer 2016 wird wieder investiert und mehr produziert. Inzwischen sind es 6 Mio. Barrel pro Tag.

Ölmultis werden wenig beachtet – die Gewinne sprudeln dank hohem Ölpreis weiter

Die Ölmultis wie Chevron, Exxon oder BP wurden in den letzten Jahren von Investoren kaum beachtet. Sollte der Ölpreis auf dem jetzigen Niveau verbleiben –oder sogar über 100 US-Dollar ansteigen, dürften sich die hohen Gewinne dieser Unternehmen weiter sprudeln, so dass neben der üppigen Dividendenzahlung auch die Aktienkurse der Ölmultis anziehen dürften. Somit bieten Aktien der Ölmultis für Anleger mit einem Anlagehorizont von drei bis fünf Jahren ein attraktives Chance-Risikoverhältnis.

Schlussfolgernd bleibt festzuhalten dass die nächsten Monate in Sachen Ölpreis sicherlich spannend bleiben. Es ist durchaus vorstellbar, dass der „Kursmotor“ einen Gang zu legt und die 100 US-Dollar Marke wieder überwindet.