Der Ölpreis ist in den letzten Wochen deutlich gestiegen und dies ausgerechnet vor dem anstehenden Winter. Ein Preistreiber war sicherlich die Unsicherheit im Nahen Osten. Auf der anderen Seite steht die recht hohe Wahrscheinlichkeit einer weltweiten Rezession, welche den Ölpreis belasten dürfte. Das Pendel könnte somit nach beiden Seiten ausschlagen. Sowohl Anlegern als auch Verbrauchern stellt sich somit aktuell die Frage, ob der Ölpreis in den nächsten Wochen einbricht oder einen neuen Anlauf über die psychologisch wichtige Marke von 100 US-Dollar nimmt.

Hohe Volatilität beim Ölpreis

Nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel und den darauffolgenden Gegenangriffen, hat der Ölpreis im Oktober stark zugelegt. Aufgrund der hohen Unsicherheit im Nahen Osten sprang der Preis für die Nordseesorte Brent auf über 90 US-Dollar pro Barrel.

Im Laufe des Sommers sah dies noch anders aus, da sich Rezessionsängste breit machten, sodass der Preis des schwarzen Goldes deutlich korrigierte. Diese politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten sorgten dafür, dass sich der Ölpreis im Jahr 2023 bisher sehr volatil entwickelt. Das Jahrestief lag bei 71 US-Dollar und in der Spitze erreichte der Ölpreis 97 US-Dollar wie folgender Chart zeigt. Eine beachtliche Preisspanne.

Öl-Ölpreis-Rezession-Hamas

Quelle: Infront

Rezession oder Geopolitik wird die Richtung vorgeben

Die Ökonomen warnen seit geraumer Zeit vor einer Rezession, also einem Wirtschaftsabschwung. Dieser würde die Nachfrage nach Öl deutlich abschwächen. Zahlreiche globalen Konjunkturdaten und Indikatoren weisen bereits darauf hin, dass sich zumindest die verarbeitende Industrie in allen wichtigen Weltregionen in der Rezession befindet.

Doch seit Anfang Oktober flammt der Konflikt im Nahen Osten auf. Diesmal könnte es zu einer Eskalation kommen, welche neben den humanitären Problemen auch negative Auswirkungen auf die gesamte Welt haben dürften. Der Nahe Osten gehört zu den ölreichsten Regionen der Welt und die zahlreichen Ölexporte passieren die Straße von Hormus im Persischen Golf. Über diese Route werden gut 20 Prozent des weltweit gehandelten Öls transportiert. Auch wenn Israel geographisch relativ weit vom Persischen Golf entfernt ist, besteht die Gefahr, dass dessen Anrainerstaaten wie Saudi-Arabien, der Iran oder auch Katar, in den Konflikt hineingezogen werden. Sollte diese wichtige Seepassage geschlossen werden, würde sofort ein massives Angebotsdefizit entstehen. In Anbetracht der Tatsache, dass die russischen Ölexporte weiterhin mit westlichen Sanktionen bedacht sind, würde eine Eskalation im Nahen Osten wohl für eine Preisexplosion beim Öl sorgen. Großer Leittragender wäre dann Europa, da der Kontinent auf Ölimporte angewiesen ist.

Ölpreis – 100 US-Dollar Marke wichtig

Bei der Nordseesorte Brent spielt die Marke von 100 US-Dollar pro Barrel eine immens wichtige Rolle. Sowohl psychologisch als auch vor dem Hintergrund, dass zahlreiche Trader und Spekulanten diese Marke nutzen wollen, um den Preis massiv nach oben zu manövrieren. Dies hätte natürlich negative Auswirkungen auf die Verbraucher, sowohl beim Heizöl als auch an der Tankstelle. Historisch betrachtet gilt die 100 US-Dollar Marke gemeinhin als Schallmauer, die erst zweimal durchbrochen wurde wie folgender, langfristiger Chart zeigt

Öl-Ölpreis-Rezession-Hormus

Quelle: Infront

Nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine stieg der Ölpreis 2022 sogar kurzzeitig über 120 Dollar. Benzin kostete damals an deutschen Tankstellen bis zu 2,40 Euro je Liter.

Anleger sollten wachsam bleiben

Aktuell sind beide Szenarien möglich, wobei das Thema Rezession unserer Meinung nach eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit hat.  Einem Krieg im Nahen Osten, inklusive einer aktiven Teilnahme des Iran und der USA, geben wir eine Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent. Hier hoffen wir darauf, dass die jeweiligen politischen Führer Vernunft walten lassen und einen dritten Weltkrieg vermeiden. 

Damit der Ölpreis der Sorte Brent wieder deutlich über 100 US-Dollar steigt, müsste schlussfolgernd entweder die Weltwirtschaft stark wachsen und somit die Ölnachfrage explodieren oder eben eine neue Eskalationsstufe im Nahen Osten die Angst auf der Angebotsseite schüren.

Attraktive Einstiegschancen beim Öl und Ölaktien bieten sich derzeit erst wieder bei Ölpreisen unter 70 US-Dollar an.  Bis dahin sollten Anleger ihr Pulver trocken halten, um nicht vorher auf dem schwarzem Gold auszurutschen.