Die Wirtschaft ist seit der Finanzkrise solide gewachsen. Zudem profitierten die Unternehmen von sehr niedrigen Zinsen, was wiederum Investitionen günstiger machte und die Unternehmensgewinne ansteigen ließ. In diesem Fahrwasser konnten die Börsen in der letzten Dekade deutlich zulegen und neue Höchststände markieren. Die Welt scheint also in bester Ordnung zu sein. Doch seit einigen Monaten nehmen die Ausfälle bei europäischen Unternehmenskrediten stark zu – und dies bei den niedrigen Zinsen. Die Tatsache, dass somit immer mehr Unternehmen ihre Kredite nicht mehr bedienen können, stellt eine große Gefahr für Wirtschaft, Banken und Anleger dar. Beginnt die Jagd auf solche Zombie-Unternehmen, die ihre Kredite in normalen Zinszeiten nicht mehr bedienen könnten, jetzt erst richtig?
Geldschwemme der EZB-Zinspolitik hielt zahlreiche Zombies über Wasser
Seit der Finanzkrise hat die europäische Zentralbank (EZB) die Finanzmärkte mit Geld geflutet und den Leitzinssatz immer weiter senken müssen. Immer, wenn eine Rezession oder eine Krise an den Finanzmärkten drohte, haben die Notenbanken mit großzügigen Liquiditätsspritzen und Zinssenkungen reagiert. Nach der Krise haben sie allerdings die Zinsen nie annähernd auf das Vorkrisenniveau erhöhen können. Diese niedrigen Zinsen überdeckten bei zahlreichen Unternehmen Schwächen im operativen Geschäft. Eigentlich müssten deutlich mehr Gesellschaften in Schwierigkeiten stecken, denn nicht alle Unternehmen können gleichzeitig dauerhaft erfolgreich sein. Der gefährliche Cocktail aus der Geldmengenausweitung und niedrigen Zinsen hat in Europa zu einer hohen Zahl an Zombie-Unternehmen geführt.
Jährliche Änderungsrate der Geldmenge M3 (in%)
Quelle: VWD
Mehr Zombies als in World War Z ?
Laut Definition sind Zombie-Unternehmen, Firmen, die mindestens zehn Jahre alt sind und es seit mehr als drei Jahren nicht mehr schaffen, ihren Schuldendienst aus operativem Gewinn zu begleichen. Sie haben eine negative Rendite und sind zumindest latent, wenn nicht akut, ausfallgefährdet. Nach den Gesetzen des Marktes müssten sie längst tot sein. Schätzungen zufolge beziffert sich der Anteil des Kapitals, welches in Europa in Zombies gebunden ist, auf 15 bis 18 Prozent, wobei es in Italien, Spanien und Portugal besonders schlecht aussieht. Selbst in Deutschland dürften knapp 10 Prozent Zombies am Markt sein. Weltweit sieht es nicht besser aus. So schätzte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich schon vor einem Jahr, dass rund 20 Prozent der US-Unternehmen in Schwierigkeiten geraten würden, sobald die Zinsen steigen. Chinesische Zombies sind ebenfalls bekannt, vor allem bei den staatlichen Unternehmen, die trotz Rekordschulden, Überkapazitäten und schwacher Produktivität weiter am Markt bleiben.
Gefahr für Wirtschaft, Banken und Anleger
Diese schlechten Unternehmen sind eine Gefahr für Wirtschaft, Banken und Anleger. Unternehmen, welche mit Mühe ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen können, investieren nicht in neue Anlagen und Innovation und erzielen so keine Fortschritte. Firmen, die ausschließlich an Liquidität interessiert sind, agieren vollkommen anders als Unternehmen, welche langfristig profitabel arbeiten wollen. Folglich drücken Zombies nicht selten das Preisniveau für die gesamte Branche und erschweren den eigentlich noch gesunden Unternehmen die weitere Entwicklung. Auch Banken sind durch diese Zombies in der Bredouille. Eigentlich müssten Banken die Kredite an diesen Zombies abschreiben, tun dies aber nicht, weil sie sich dies nicht leisten können. Ganz im Gegenteil, die Finanzhäuser „füttern“ sie mit weiteren Krediten. Hier soll der kurzfristige Schmerz eines Ausfalls vermieden werden. Pumpt man jedoch immer weiter Luft in einen Ballon, wird dieser eines Tages platzen. Dieses Schicksal wird auch den Zombies blühen, an dem Tag, wenn die Schattenseiten zu Tage treten. Neben Kursverlusten bei Aktien, drohen auch bei Anleihen massive Kurseinbrüche.
Steigende Zinsen wären das Drehbuch für einen Schocker
Die Zombies werden nur existieren können, wenn die Zinsen immer weiter sinken. Die weiter zunehmende Verschuldung ist nur tragbar, wenn die effektive Zinslast, die mit diesen Schuldenbergen einhergeht, stabil gehalten wird. Schon ein stabiles Zinsniveau wird über Zeit zum Problem. Steigende Zinsen hingegen bringen Zombie-Banken und Zombie-Unternehmen gleichermaßen unter Druck. Die Illusion der Solvenz würde zerplatzen.
Die Situation ist verfahren. Die Notenbanken müssen die Zinsen tief und den Geldhahn offen halten. Aus diesem Grund raten wir zu Investments in stabilere Sachwerte. Wenn die Ebbe kommt, wird man sehen wer, ohne Badehose im Wasser war.