Die Notenbanken haben die Zinsen in den letzten Monaten schnell und deutlich angehoben. Die Wirtschaft steht vor einer Rezession, beziehungsweise befindet sich in einigen Wirtschaftsräumen schon in dieser. Zudem sorgt die geopolitische Situation rund um den Erdball auch nicht gerade für Erleichterung. Die Börse steht somit vor einem turbulenten Winter. In unsicheren Zeiten rücken Aktien von Familienunternehmen oftmals in den Fokus der Anleger. Die Aktien der inhabergeführten Unternehmen sollen aufgrund der nachhaltigen Interessen, langfristig eine signifikant bessere Performance erzielen als die Wertpapiere von Unternehmen mit austauschbaren Managern. Wie können Anleger partizipieren?

Familienunternehmen bieten Vorteile

Zahlreiche Studien belegen, dass die Unternehmen, bei welchen die Gründer noch aktiv sind oder große Aktienpakete halten, an der Börse überproportional gut abschneiden. Dies macht folgender Chart deutlich. Der DAXPLUS Family 30 erzielte über einen Zeitraum von 10 Jahren 7 Prozent mehr Rendite als der Dax.

 

DAX_Aktien_Familienunternehmen

Quelle: Infront

Ein Aktienkauf eines familiengeführten Unternehmens gilt in der Regel als langfristiges, nachhaltiges Investment, da diese weitsichtiger agieren und eine defensivere Geschäftsstrategie an den Tag legen. Zudem halten sie sich bei der Verschuldung stärker zurück, scheuen häufig Übernahmen und wachsen stattdessen meist organisch. Dieses langsamere, beständigere Wachstum beugt einer möglichen Schieflage vor.  In der Regel sind diese Unternehmen mit soliden und überproportional hohen Eigenkapitalquoten von bis zu 80 Prozent ausgestattet. 

Aktien in festen Händen

Weltweit ist die Mehrheit aller Unternehmen in Familienbesitz. Mit gewissen Abweichungen von Land zu Land machen sie 70 bis 90 Prozent aller Firmen aus. Diese Unternehmen sind für zwei Drittel der Wirtschaftskraft verantwortlich und bieten die meisten Arbeitsplätze. Unstrittig ist deshalb die enorme ökonomische Bedeutung von erfolgreichen Familienunternehmen. Die größten börsennotierten Vertreter dieser Spezies sind hierzulande die beiden Autobauer Volkswagen und BMW, der Automobilzulieferer Continental, der Gesundheitskonzern Fresenius und der Konsumgüterriese Henkel, welche allesamt im DAX vertreten sind. Auch in der zweiten Börsenreihe befinden sich viele inhabergeführte Firmen. Wacker Chemie, Krones oder Fuchs Petrolub sind hier prominente Beispiele.

Ein wichtiger Faktor ist die Tatsache, dass die Inhaberfamilie einen Großteil der Aktien besitzt. Daraus resultiert ein Interessengleichklang zwischen dem normalen Aktionär und den Unternehmenslenkern. Ein fremdgesteuertes Management denkt häufig kurzfristig und bonusorientiert. Bei den wöchentlich veröffentlichten Insidertransaktionen, sieht der Anleger zudem, ob die Familie weitere Anteile zukauft oder Aktienpakete abstößt.

Bei inhabergeführten Familienunternehmen ist es oftmals so, dass der Großaktionär mindestens 25 Prozent der Stimmrechte hält. Dieser Großaktionär fungiert als stabiler Anker, da er in guten und in schlechten Zeiten an seinem Aktienpaket festhält. Diese Ankeraktionäre sorgen in der Regel dafür, dass die Volatilität, aber auch der Free Float, bei entsprechenden Unternehmen niedrig ist. 

Familienunternehmen bergen aber auch Risiken. Beispielsweise falls der Inhaber seine Position ausnutzt und „seine“ Firma anhand eines exorbitanten Gehalts oder etwaigen Bonuszahlungen ausschlachtet. Ein weiterer Stolperstein könnte die Vergabe von „Scheinposten“ sein, wenn beispielsweise ein naher Verwandter oder ein „Freund der Familie“ auf dem Papier einen hochbezahlten Posten ausfüllt, diesen aber in der Praxis gar nicht ausfüllt.

Birkenstock geht an die Börse

Oftmals sind große Familienunternehmen auch nicht an der Börse gelistet und sind somit für Privatinvestoren nicht zugänglich. Dies war lange bei der Firma Birkenstock der Fall. Doch jetzt strebt das Unternehmen aus Westdeutschland, welches auch einen Großteil seiner Waren in Deutschland produziert, an die Börse. Die Wurzeln des Unternehmens reichen bis ins Jahr 1774 zurück. Vor fast 250 Jahren habe der Schuhmacher Johannes Birkenstock das Fundament für „eine Schumacher-Dynastie“ gelegt. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als „Erfinder des Fußbetts“. Birkenstocks wichtigstes Geschäftsfeld bleiben aber die Sandalen, die das Unternehmen inzwischen weltweit verkauft.

Anleger sollten jedoch ganz genau hinschauen, wie das Unternehmen aufgestellt ist. Seit über einem Jahrzehnt ist das Unternehmen nicht mehr mehrheitlich im Familienbesitz. Die Leitung des Unternehmens wurde 2013 an zwei Manager, Markus Bensberg und Oliver Reichert übertragen. Haupteigentümer ist mit einer Aktienquote von 65 Prozent die Beteiligungsgesellschaft L Catterton, die mit dem Luxuskonzern LVMH und dessen milliardenschwerem Chef Bernard Arnault verbandelt ist. Dieser hält weitere rund 20 Prozent über sein Vehikel Agache. Der Rest der Anteile blieb im Familienbesitz. Hier wird klar, dass die Familie im operativen Geschäft die Leitung und somit auch die Verantwortung abgegeben hat.

Aufgrund der aktuellen Unsicherheit an den Finanzmärkten kann eine Umschichtung hin zu „Familienunternehmen“ sinnvoll sein, denn eine inhabergeführte Firma wird sich wohl vor allem in und nach einer Baisse bewähren.