Das Börsenjahr 2022 war bis dato sehr turbulent. Der Ukraine-Russland Konflikt, eine stark anziehende Inflation, restriktive Notenbanken und eine schwächelnde Wirtschaft  machen Anlegern zu schaffen. Diese Unsicherheit sollte eigentlich ein idealer Nährboden für Gold sein. Doch auch der Goldpreis ist auf US-Dollar Basis dieses Jahr gefallen. Anleger und vor allem Goldbugs fragen sich, warum der Goldpreis (noch) nicht steigt.   

Idealer Nährboden für Gold

Die Finanzmärkte sowie die geopolitische Situation in Osteuropa bieten eigentlich einen idealen Nährboden für einen steigenden Goldpreis. Die Inflation hält sich nach wie vor auf hohem Niveau. In den USA beträgt die Teuerungsrate aktuell 8,2 Prozent in Europa liegt diese bei 10,7. Das Geld verliert zusehends an Kaufkraft. Trotz mehrfachen Leitzinsanhebungen der Notenbanken, verharrt der Realzins jedoch weiter deutlich im Minusbereich, was Gold attraktiv macht.

Die Börsenkurse sind eingebrochen, zahlreiche Investoren haben in den „Risk-off-Modus“ geschaltet, was die Nachfrage nach dem sicheren Hafen Gold befeuern sollte.

Zudem sorgt der Ukraine-Russland Konflikt seit Februar für Unsicherheit und Gefahr. Hier ist ein Ende des Krieges noch nicht abzusehen. Auch die Lage in Taiwan ist brandgefährlich. China könnte jederzeit versuchen, Taiwan einzunehmen.

Jetzt sollte man doch meinen, dass der Goldpreis in diesem Umfeld stark steigen müsste. Dies ist aber mitnichten der Fall – zumindest auf US-Dollar Basis. Der starke US-Dollar und die zahlreichen Zinsanhebungen der Notenbanken haben jedoch zunächst dafür gesorgt, dass der Goldpreis wie zahlreiche Assetklassen unter Druck geriet.

Edelmetall-Gold-Silber-HUI
Quelle: VWD 07.11.2022

Nachdem der Goldpreis nach der russischen Invasion die wichtige Marke von 2.000 US Dollar im März geknackt hatte, ging es seitdem steil bergab. Aktuell notiert der Goldpreis pro Feinunze bei 1670 US Dollar, was einem Minus seit Jahresbeginn von 9 Prozent entspricht.  

Ein zweiter Blick auf das Edelmetall lohnt sich 

Auf den ersten Blick hat auch der Goldpreis in diesem Jahr die Anleger bisher enttäuscht. Aus Sicht eines Euro-Anlegers lohnt sich aber ein zweiter Blick. In Euro konnte der Goldpreis in diesem Jahr prozentual einstellig zulegen und liegt nahe dem Allzeithoch. Hier hat das Edelmetall also seine Aufgabe erfüllt. Auch in anderen Währungen konnte der Goldpreis dieses Jahr zulegen, wie folgende Grafik zeigt. 

Gold_Goldpreis_Währung_Fiat
Quelle: VWD 09.11.2022

Quo vadis Gold? 

Um es vorwegzunehmen: Gold hat als Krisenschutz längst nicht ausgedient. Ganz im Gegenteil. Somit ist es umso verwunderlicher, dass der Preis des gelben Metalls so deutlich korrigiert.

Mich erinnert die aktuelle Situation stark an das Jahr 2008. Im Zuge der Finanzkrise, welche durch die Pleite von Lehmann Brothers und der Immobilienkrise in den USA ausgelöst wurde, fiel der Goldpreis während 6 Monaten um 30 Prozent, obschon zahlreiche Argumente für einen steigenden Goldpreis sprachen. Im November 2008 kam die Wende und der Goldpreis stieg von 730 US Dollar bis auf knapp 1900 US Dollar im Jahr 2011.

Gold-Edelmetall-HUI-Minen

Quelle: VWD, 07.11.2022

Sobald die Notenbanken einsehen, dass ihre Geldpolitik in Form von stark steigenden Leitzinsen das Finanzsystem an den Rand des Zusammenbruchs führt und die Wirtschaft sich deutlich abschwächt, werden sie handeln müssen und die Rolle rückwärts einleiten. Zinssenkungen und neue Hilfsprogramme, welche durch aus dem Nichts gedruckte US-Dollars, Euros oder Yens finanziert werden, läuten dann die neue Goldrally ein. 

Ein weiterer Grund für einen starken Goldpreisanstieg stellt ein externer Schock, wie eine neue Bankenkrise oder das Zusammenbrechen des Euros dar. Solch ein schwarzer Schwan würde eine Vertrauenskrise auslösen und die Anleger zu Goldkäufen animieren. 

Notenbanken decken sich bereits massiv mit Gold ein 

Auf dem physischen Goldmarkt sind interessante Beobachtungen zu machen. Die Goldkäufe der Zentralbanken haben im letzten Quartal einen Rekordwert erreicht. Laut Angaben des World Gold Coucils kauften die Zentralbanken im dritten Quartal 2022 fast 400 Tonnen Gold, so viel wie noch nie zuvor. Dies entspricht einem Anstieg um 300 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. Im bisherigen Jahresverlauf kauften die Zentralbanken 673 Tonnen, mehr als in jedem anderen Jahr seit 1967 – als der US-Dollar noch durch Gold gedeckt war. Die Türkei, Usbekistan und Katar erwiesen sich als die größten bekannten Käufer. Es ist aber davon auszugehen, dass das Volumen der Goldkäufe durch Notenbanken noch höher ist. Zahlreiche offizielle Institutionen kaufen anonym oder melden die Käufe mit Verzögerung.

Wenn das vierte Quartal ähnliche Zahlen liefert, würden sich die Käufe der Notenbanken auf etwa 1000 Tonnen belaufen. Die weltweite Förderung von Gold belief sich im Jahr 2021 auf rund 3.000 Tonnen. Anhand dieser Zahlen wird deutlich, wie viel Gold durch die Notenbanken aufgesaugt wird.

Ebenfalls ist am physischen Markt zu sehen, dass die Aufgelder deutlich steigen. Seit einigen Monaten läuft der Preis des Papiergoldes und der von physischem Gold nicht mehr parallel. Die Brief-Geld-Spannen sind deutlich angestiegen und die Aufschläge für Gold und Silber sind sehr hoch. Im Internet werden Goldmünzen aktuell 5 bis 10 Prozent über dem „normalen“ Preis gehandelt. Hier entkoppelt sich momentan der Goldpreis vom Preis des „Papiergoldes“. Das Papiergold wurde in der Vergangenheit oft genutzt, um den Goldpreis nach unten zu drücken. So wurden plötzlich enorme Mengen Papiergold unlimitiert auf den Markt geworfen. Daraufhin verlor der Goldpreis innerhalb von Minuten deutlich.

Wer Geld hat, sollte Gold kaufen

„Gold ist Geld – alles andere ist Kredit“. Dieses Zitat vom legendären Banker J.P. Morgan ist aktueller denn je. Deshalb ist und bleibt das Edelmetall ein unverzichtbarer Kernbestandteil eines gutstrukturierten Depots. Auch in Zeiten fallender Preise sollten Anleger Kurs halten und dem Gold treu bleiben. Günstige Preise können zum Nachkaufen genutzt werden. Gold ist die Versicherung des eigenen Vermögens.  Denn schon Starinvestor Warren Buffett wusste: „Wenn die Ebbe kommt, sieht man wer ohne Badehose geschwommen ist.