Die anziehende Inflation in Europa, welche sich vor allem aufgrund der hohen Energie- und Nahrungsmittelpreise im Geldbeutel der Bürger bemerkbar macht, sorgt für Unsicherheit und Wut gleichermaßen. Diese massive Unzufriedenheit dürfte sich ebenfalls in den Wahlurnen zahlreicher Länder bemerkbar machen. Die Parlamentswahl in Italien hat am vergangenen Wochenende diesbezüglich einen Vorgeschmack geliefert.  Das Bündnis um die rechtsradikale Partei Fratelli d’Italia hat nach der Wahl in Italien nämlich die Regierungsmehrheit im Parlament übernommen. Welche Konsequenzen kann dies folglich für die Europäische Union (EU) und der Gemeinschaftswährung Euro haben?

Italien mit neuer Regierung

Über 50 Millionen Italienerinnen und Italiener waren insgesamt zur Stimmabgabe aufgerufen. Doch nach drei Regierungen innerhalb einer Legislaturperiode sind die Menschen in dem Mittelmeerland der Politik offensichtlich überdrüssig. In der Nachkriegszeit war die Wahlbeteiligung daher noch nie so niedrig wie am vergangenen Wochenende. Weniger als zwei Drittel machten von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Das Wahlergebnis lässt kaum Zweifel daran, dass die drittgrößte Volkswirtschaft in der EU dann künftig von einem rechten Bündnis regiert wird. Die Fratelli dÍtalia (die Brüder Italiens) unter Giorgia Meloni könnten zusammen mit der rechten Lega unter Matteo Salvini und der Forza Italia von Silvio Berlusconi auf rund 44 Prozent der Stimmen kommen. Die Sozialdemokraten unter Enrico Letta mit rund 20 Prozent und die linkspopulistische Fünf-Sterne-Bewegung mit ihrem neuen Parteichef Giuseppe Conte mit etwa 15 Prozent erreichen zusammen 35 Prozent.

Die absolute Mehrheit der Mandate in beiden Parlamentskammern erreicht die Rechtsallianz mit der relativen Stimmenmehrheit. Somit verhilft das besondere Wahlgesetz dem rechten Bündnis zum Sieg. Es besteht aus Elementen von Mehrheits- und Verhältniswahlrecht und bevorteilt in den Einzelwahlkreisen Parteienbündnisse gegenüber Einzelparteien.

 

Europa Italien Euro

Quelle: Ntv

Mögliche Konsequenzen für Europa und den Euro

Der Rechtsruck in Italien könnte weitreichende Folgen für Europa und insbesondere für die Europäische Union haben. Die designierte neue Staatchefin Meloni kritisierte in ihren Reden immer wieder die EU, sprach wörtlich von „Bürokraten aus Brüssel“. Sie möchte das nationale Gesetz über EU-Recht stellen. Ganz im Stile der Regierungen in Ungarn und Polen. Zudem stellt sie sich deutlich gegen Einwanderung aus afrikanischen Ländern. Darüber hinaus stellten sich einige Spitzenpolitiker des Rechtsbündnisses an die Seite von Putin und verurteilten die Unterstützung der Ukraine seitens der EU. Die Unzufriedenheit bei Europas Wählern wächst jedoch nicht nur in Italien rasant. Auch in Schweden konnte zuletzt eine rechtsorientierte Partei den Wahlsieg feiern.

Kritik und Drohung seitens der EU gegenüber Italien

Im Wahlkampf versicherte Meloni zwar, dass Italien ein verlässlicher Partner bleiben werde und wies Spekulationen zurück, dass ein Wahlsieg der Fratelli zu einer autoritären Wende oder dem Austritt Italiens aus der Europäischen Union und der Gemeinschaftswährung Euro führen könnte. Nachdem der Sieg jetzt amtlich ist, bleibt jedoch die spannende Frage, ob diese Parolen und Absichten Bestand haben werden. Im EU-Parlament wächst jedenfalls die Sorge, dass das wichtige Mitgliedsland Italien auf eine antidemokratische und antieuropäische Regierung zusteuert.

Kurz vor der Wahl sorgte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für Aufsehen. Auf die Frage, ob die Wahl in Italien ihr Sorgen bereitet, antwortete sie, dass die EU Instrumente zur Verfügung habe, falls sich Dinge in eine schwierige Richtung entwickelten. Dies empörte natürlich die Politiker der italienischen Rechtsallianz.

Zerbricht der Euro?

Das Wahlergebnis in Italien hat auch erste Auswirkungen an den Finanzmärkten.  So fiel der Euro um bis zu 1,3 Prozent auf ein 20-Jahres-Tief von 0,9565 Dollar. Die Renditen von 10 jährigen italienischen Staatsanleihen stiegen auf ein Neun-Jahres-Hoch von 4,6 Prozent. Die Renditeentwicklung der „Italo-Bonds“ wird somit zum Gradmesser für die Unsicherheit, die sich am Markt jetzt ausbreitet, Es werden immer mehr Stimmen laut, dass Italien als erstes Land die Gemeinschaftswährung verlässt und die italienische Lira wieder einführt. Das Wahlergebnis könnte diesen Stein mittelfristig ins Rollen bringen. Aktuell stehen die Probleme der steigenden Inflation und der Anstieg der Renditen bei den Staatsanleihen, was die Staatsfinanzierung deutlich teurer macht, wahrscheinlich ganz oben auf der Prioritätenliste der neuen Regierung. Je nach Entwicklung könnte der Euro-Ausstieg die logische Konsequenz sein.

Sollte Italien diesen Weg wirklich gehen, wäre dies vermutlich der Sargnagel für den Euro. Andere verschuldete Länder würden diesem Beispiel womöglich rasch folgen. Aus diesem Grund werden die Sorgenfalten bei der EU-Kommission in Brüssel  und im EZB-Turm in Frankfurt immer größer.  Der europäische Kaiser scheint nackt zu sein, es will nur noch niemand wahr haben. In diesem Umfeld sind Sachwerte wie Aktien und Edelmetalle Geldwerten klar vorzuziehen.